Was ist eine Nervenverödung?
Seit mehr als 30 Jahren wird in der Medizin die Nervenverödung als Schmerztherapie angewandt. Dabei konzentriert man sich auf sogenannte sensible Nervenbahnen, also Nerven, die nur die Schmerzinformationen aus einer Körperregion weiterleiten (afferente, nozizeptive Fasern). Motorische Nerven, über die Muskeln angesteuert werden, oder Nervenbahnen, die Empfindungen aus der Haut weiter leiten, werden geschont.
Wenn die Schmerznerven aus einem Gelenk verödet werden, wir die Schmerzweiterleitung unterbrochen, das Gehirn nimmt dann die Schmerzen in diesem Gelenk nicht mehr wahr. Es wird zwar der mechanische Zustand des Gelenks, zum Beispiel eine bestehende Arthrose, nicht verbessert, aber die durch den Schmerz bestehende Einschränkung im Alltag kann beseitigt werden.
Wie läuft die Therapie ab?
Vor der eigentlichen Verödung erfolgt eine Austestung mit lokalem Betäubungsmittel. Dabei spritzt der Arzt unter Röntgen- oder Ultraschallkontrolle an die Zielnerven ein lokales Betäubungsmittel und unterbricht so in diesen Nerven die Schmerzweiterleitung ans Gehirn. Der potentielle Erfolg der Behandlung wird dadurch simuliert. Wenn dadurch Ihr Schmerz vorübergehend um mindestens 50% verbessert werden kann, ist der eigentliche Eingriff erfolgversprechend.
Bei der Verödung selbst liegen Sie am Rücken. Die Zielnerven werden (wie bei der Testinfiltration) aufgesucht und diese Region lokal betäubt, so dass Sie die eigentliche Verödung kaum mehr spüren. Danach wird unter erneuter Röntgenkontrolle die dünne, wassergekühlte Radiofrequenzsonde an den zu verödenden Nervenast gesetzt. Diese Sonde ist kaum dicker als eine normale Nadel, es ist kein Hautschnitt erforderlich.
Durch eine Teststimulation wird ausgeschlossen, dass andere Nerven (z.B. motorische Nerven) in Mitleidenschaft gezogen werden. Danach wird der Nerv durch punktgenaues Erhitzen verödet.
Diese Prozedur wird an vier Nerven am Knie durchgeführt und dauert insgesamt nicht länger als 45 Minuten. Nach einer kurzen Beobachtungszeit können Sie wieder nach Hause gehen. Sie sind durch die Behandlung zu keinem Zeitpunkt in Ihren Alltagsaktivitäten eingeschränkt.

Welche Besserung können Sie durch die Therapie erwarten?
Durch die Behandlung erwarten wir eine deutliche Beschwerdelinderung für einen Zeitraum zwischen 9 und 12 Monaten. Wenn der Schmerz unterbunden ist, können Sie in der Regel Ihr Knie wieder deutlich besser belasten. Die schmerzbedingte Muskelhemmung kann beseitig werden und Sie können wieder mehr Kraft im Knie spüren. Der Schmerzmittelbedarf kann gesenkt und Ihre freie Gehstrecke erweitert werden. Wenn der Schmerzkreislauf zwischen Gelenk und Gehirn unterbunden wird, kann dadurch in manchen Fällen auch eine deutlich längere Schmerzlinderung erreicht werden.
Wie immer in der Medizin ist dieser Behandlungserfolg aber nicht garantiert.

Sind Sie für die Therapie geeignet?
Neben Patienten mit Kniearthrose (Gonarthrose) können auch andere Patientengruppen von einer Kniedenervierung profitieren, insbesondere solche mit chronischen, therapieresistenten Knieschmerzen, bei denen herkömmliche Therapien nicht ausreichen oder nicht möglich sind.
Da die Nervenverödung nur den Schmerz therapiert, aber nicht die Schmerzursache an sich beseitigt, sollten die klassischen orthopädischen Behandlungsmethoden ausgeschöpft sein. Neben operativen Versorgungsmöglichkeiten sollten wir vor einer Verödung mit Ihnen zusammen besprechen, ob Alternativen wie die Infiltrationen mit plättchenreichem Plasma (PRP, „Eigenblut“) oder Hyaluron bereits ausgeschöpft sind, ob bereits Physiotherapie oder Bandagen versucht wurden, oder ob eventuell eine Stammzelltherapie Erfolg bringen könnte.
Am besten untersucht ist die Therapie für Gonarthrose-Patienten,
- die noch keine Knieprothese möchten und den Zeitpunkt der OP nach hinten schieben möchten.
- bei denen der Allgemeinzustand keine größere Operation wie die Implantation einer Knieprothese erlaubt.
- die aus anderen medizinischen Gründen nicht für eine Knie-Prothese in Frage kommen.
Eine weitere große Patientengruppe, bei denen die Kniedenervierung eine Option sein kann, sind Patienten, die sich bereits einem operativen Eingriff unterzogen haben und trotzdem nicht ausreichend schmerzfrei wurden:
- Ca. 10-15% der Patienten, die bereits einen Oberflächenersatz am Knie bekommen haben, haben trotz gut sitzender Prothese Schmerzen, die anders nicht in Griff zu bekommen sind. Eine Nervenverödung kann hier eine gute Alternative zu einem Prothesen-Wechsel sein.
- Auch nach anderen Knieoperationen wie Osteotomien oder arthroskopischen Operationen an Meniskus oder Kreuzband kann es zu anhaltenden Knieschmerzen kommen, bei denen die Nervenablation eine minimalinvasive Behandungsalternative zu einer Revisions-OP sein kann.
In Einzelfällen kann eine Denervierung auch bei Patienten erwogen werden,
- die langanhaltende, therapieresistente Schmerzen ohne klare strukturelle Ursachen haben (chronischer vorderer Knieschmerz, patellofemorales Schmerzsyndrom).
- die tumorbedingte Knieschmerzen nach operativer Tumorresektion oder nach Bestrahlung haben bzw. bei palliativen Patienten. Hier sollte die Verödung in ein multimodales palliatives Schmerzkonzept eingebunden sein.
- die an neuropathischen oder komplexen Schmerzsyndromen leiden (z.B. CRPS I, M. Sudeck).
- die zum Beispiel nach Sportverletzungen einen chronischen Schmerzverlauf haben, der trotz anhaltender nozizeptiver Schmerzen keine OP-Indikation darstellt.
Werden die Kosten von der Versicherung übernommen?
Die Kosten der Therapie werden von vielen privaten Krankenkassen übernommen, wir unterstützen Sie gern beim Antrag auf Kostenübernahme.
Auch viele gesetzliche Krankenkassen übernehmen inzwischen die Kosten für diesen ambulanten Eingriff. Wir beraten Sie vorab sehr gern dazu und unterstützen Sie bei Bedarf beim Antrag auf Kostenübernahme.
Literaturnachweis
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- Ikeuchi M et al: Percutaneous radiofrequency treatment for refractory anteromedial pain of osteoarthritic knees; Pain Medicine 2011; 12: 546–551
- Jamison D et al: Radiofrequency techniques to treat chronic knee pain: a comprehensive review of anatomy, effectiveness, treatment parameters, and patient selection; Journal of Pain Research 2018:11 1879–1888
- Davis T et al: Prospective,multicenter, randomized, crossover clinical trial comparing the safety and effectiveness of cooled radiofrequency ablation with corticosteroid injection in the management of knee pain from osteoarthritis; Regional Anesthesia and Pain Medicine 2018, 43, Number 1
- Conger A et al: Genicular nerve radiofrequency ablation for the treatment of painful knee osteoarthritis: Current evidence and future directions. Pain Med. 2021, 25;22
- Caragea M et al: Genicular nerve radiofrequency ablation for the treatment of chronic knee joint pain: a real-world cohort study with evaluation of prognostic factors. Pain Med. 2023 24(12):1332-1340

